Zum so genannten »Leistungsschutzrecht«

Ich bin gespannt…

…ob es wieder einmal so läuft, dass in Propaganda und Presseerklärungen im Vorfeld immer schön das Wort »gewerblich« benutzt wird, um auszudrücken, gegen welche Arten der Nutzung sich so ein »Recht« richtet¹ – nur, um später »im gewerblichen Ausmaß« oder »gewerbsmäßig« in den Gesetzestext zu schreiben. Letzteres ist etwas völlig anderes als ersteres, es hat nichts damit zu tun, das Geld erwirtschaftet wird, sondern bedeutet, dass es einen ähnlichen großen potenziellen Kreis wie gewerbliche Anbieter anspricht. Und dann dürfen Leute in der… ähm… Hamburger Dunkelkammer in gewohnter Weise darüber entscheiden, was im Sinne dieses Gesetzes aus der Berliner Dunkelkammer ein »gewerbliches Ausmaß« ist. Im Zweifelsfall kann ein Blog genau so übers Internet erreicht werden wie eine beliebige Website eines Verlegers, und das ist doch ein »guter« Maßstab…

Mit einem ähnlichen politischen Taschenspielertrick² hat man das »Problem« gelöst, so zu tun, als ob man die Kosten für Abmahnungen deckeln würde³ – ohne, dass die vielen Rechtsanwälte, die da im Reichshauptslum im Reichstag sitzen und Volksvertreter spielen, ihren Anwaltskollegen zuviel »Geschäftsmodell« weggenommen hätten. Das ist also bewährt und wird gewiss wiederholt.

Meine Projekte

An dem Tag, an dem dieses Gesetz durch den Deutschen Bundestag gekommen ist, werde ich alle meine Projekte in der Domain tamagothi.de löschen. Es ist unter den von Frau Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und ihren unbekannten Zuarbeitern geschaffenen Bedingungen meines Erachtens nicht mehr möglich, auch nur die harmloseste Website zu betreiben. Projekte wie das Blahblog, welches das gallig kommentierende und zitierende Linkschleudern zum Stilmittel erhebt, sind sogar völlig ausgeschlossen.

Was bleiben kann, sind die Gartenzwerge des BRD-Internet: Die Katzenfotos. Alles andere – insbesondere jede substanzielle Diskussion über Themen von gesellschaftlicher und lebenspraktischer Relevanz – findet auf einem von so genannten »Volksvertretern« vorsätzlich angelegten juristischen Minenfeld statt.

Wer irgendetwas von den von mir geschaffenen Inhalten bewahren möchte, fühle sich aufgefordert, ein Archiv anzulegen. Das gilt auch für Software, für Musik, für Fotos und andere Dinge, an die nicht jeder sofort denkt, wenn er einem Webprojekt von mir begegnet. Ich habe alles unter ausgesprochen liberale Lizenzen (Piratenlizenz oder Schwerdtfegers Lizenz für freie Musik oder in wenigen Fällen GNU GPLv2) gestellt, so dass eine Veröffentlichung solcher Archive keine Probleme bereitet. Unter den Bedingungen des Leistungsschutzrechtes geschieht sie allerdings auf eigene Gefahr.

Fußnoten

¹Egal, gegen welche Form der Nutzung es sich richtet, ist es übrigens Schwachsinn vom Feinsten. Im World Wide Web ausgerechnet das im frühesten Entwurf des Webs vorgesehene Auszeichnungsmittel eines vernünftig gesetzten Hyperlinks zu kriminalisieren, ist von dermaßen hohlwütiger Denkverweigerung, dass sogar mir ein bisschen die Worte wegbleiben.

²In anderen Fällen, wo es um Verbesserungen für »normale« Menschen ginge, die eine ganz natürliche Nutzung von Technik betreiben, wird übrigens ein anderer politischer Taschenspielertrick angewandt. Er besteht in der Feststellung, dass es in einem internationalen Medium wie dem Internet (oder in globalisierten Märkten) keine nationalen Alleingänge geben dürfe.

³Quelle aller hier gegebenen und niemals wörtlich zitierten Informationen: Zeitungswebsites (die übrigens auch immer wieder mal gern »Quelle: Internet« angeben). Auf das Setzen von Links mit Google-freundlicher Integration der Überschriften in die URL habe ich verzichtet, um Aggregatoren die spätere Löschung dieses Postings zu ersparen. Warum diese parajournalistischen Internetmachwerke, deren Betreiber ja unentwegt und unüberhörbar darüber jammern, wie sehr sie von Google enteignet werden, so viel kosten-, zeit- und personalintensiven SEO-Aufwand aller Art betreiben, um in Google immer schön weit oben zu stehen, gehört zu den Dingen, über die man nicht weiter nachdenken soll und die deshalb in der Kommunikation der Classe politique und der Verlegerbrut unterm Tisch fallen. Hauptsache, jeder denkt, es handele sich um ein Ergebnis der Lobbyarbeit von Verlegern, die gegen Google gerichtet ist, während es im Wirklichkeit um eine gesetzliche Grundlage geht, mit der sich im Rechtsraum der BRD fast nach Herzenslust persönliche Äußerungen aus dem Internet boxen lassen. Das ist keine Verschwörungstheorie, das ist Verschwörungspraxis.

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