Dass eifrige Ordnungshüter der Piratenpartei in der Endphase des Bremer Bürgerschaftswahlkampfes mal eben die gesamte Kommunikations-Infrastruktur abgeschaltet haben, hat ja wohl jeder mitbekommen. Das ist ein verschwörungstheoretisch höchst wertvolles Ereignis mit leckerem Bananenaroma – ich bin gespannt, was ich in den nächsten Tagen dazu lesen werde. Wenn diese Maßnahme nicht sehr genau auf ihre Verhältnismäßigkeit hin geprüft wurde, ist sie auch ein politisch bemerkenswerter Vorgang, bei dem vielleicht sogar eine nachträgliche Annullierung der Wahl in der Luft hängt. Die Arbeit politischer Parteien in der BRD ist immer noch durch den Artikel 21 des Grundgesetzes geschützt.
Siehe auch: Die Welt ist Scheisse: Generation Blogtwittfaceapp und F!XMBR: Warum die Beschlagnahme der Piratenserver ein Angriff auf unser Grundgesetz ist, das Lawblog: Ein Akt der deutschen Behörden und die Stellungnahme des Bundesvorstandes der Piratenpartei.
Anonymous am 21.5.2011 um 07:11
die »piraten« nehmen sich viel zu wichtig. und viel mehr ist über diese leute auch nicht zu sagen.
http://www.wahlrecht.de/ergebnisse/index.h tm
Bundesbedenkentraeger am 21.5.2011 um 07:33
Die Gesetze gelten für alle Parteien, unabhängig von den Wahlergebnissen, Herr Anonymous
Anonymous am 21.5.2011 um 09:24
Hat jemand was anderes behauptet? Man sollte sagen: Eben!
Zunächst hängt mit Sicherheit nichts dergleichen in der Luft wie eine Wahlannulierung, das ist Stuss. Denn was da stattfindet, hat weder Einfluss auf die Wahlen noch haben die jetzigen Vorgänge damit auch nur am Rande zu tun.
Computersabotage ist im schweren Fall ein Offizialdelikt, auch beim Versuch. Das bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft verpflichtet ist, tätig zu werden. Andernfalls machen sich die Leute strafbar. Und wenn Gefahr im Verzug ist, bleibt da eben nichts als die Beschlagnahme der Rechner. Es wird abzuwarten sein, was dabei heraus kommt.
Bleibt wieder einmal nur, dass Rechtslaien irgendeinen Unsinn zusammen konstruieren, dessen Basis nichts als heisse Luft ist.
Anonymous am 21.5.2011 um 09:41
Sich als grösste ausserparalmentarische Opposition zu bezeichnen (O-Ton) ist ebenfalls absoluter Stuss und vollkommmen realitätsfern.
21 GG fordert für eine Parteienzulassung ein Programm.
Mich wundert daher, dass diese Leute überhaupt als Partei anerkannt sind. Meiner Kenntnis nach haben die einen einzigen Programmpunkt – und inwieweit der ernst zu nehmen ist, sei mal dahin gestellt.
Nachtwächter am 21.5.2011 um 18:51
Ich sehe schon, da muss ich Rechtslaie (aber klar bin ich das) ein wenig ausholen.
Erstens: »Die Piraten nehmen sich viel zu wichtig« – und nicht nur die Piraten sich selbst, auch viele… ähm… Netzjunkies nehmen die Piraten recht wichtig. Ich habe von dieser Partei die gleiche Meinung, die ich von jeder anderen politischen Partei der BRD auch habe und hier gar nicht in aller Tiefe erläutere, weil das eh überall mitschwingt, wo ich herumtrolle. Als ich noch jünger war, durfte ich erleben, wie aus der Protestpartei »Die Grünen« (in Hannover »Grün-alternative Bürgerliste GABL«) so nach und nach das wurde, was zurzeit zur zweitstärksten politischen Kraft in den Parlamenten der BRD zu werden droht. Die damaligen politischen Ideale der Grünen (unter anderem direktere Demokratie) spielen heute keine Rolle mehr. Das letzte »Alternative«, was für die überwiegend aus satten, selbstzufriedenen Beamten, Pädagogen und anderen Päderasten bestehende Mitgliedschaft dieser Partei verblieben ist, ist das schöne »alternative Ambiente« der gentrifizierten Stadtteile, in denen sie hausen. Der Piratenpartei traue ich beim besten Willen keine bessere Zukunft zu, sollte sie einmal zu nennenswertem gesellschaftlichen Einfluss kommen. Ob die infantil wirkende psychische Struktur vieler »Großkopferter« in dieser Partei diesen Vorgang beschleunigen oder verlangsamen wird, mag ich allerdings nicht profezeihen. Es geht mir hier nicht um die Piratenpartei, der Vorgang wäre in meinen Augen auch sehr bedenklich, wenn er die NPD oder gar eine politische Sekte wie die Naturgesetzpartei betroffen hätte.
Zweitens: »Was da stattfindet, hat keinen Einfluss auf die Wahlen« – da wäre ich mir nicht so sicher. Es ist nur schwierig bis unmöglich, diesen Einfluss zu quantifizieren. Man stelle sich einmal vor, einer mehr auf konventionellen Kommunikationsstrukturen bauenden Partei wie… sagen wir mal… der FDP würde kurz vor einer Wahl die gesamte Telefonanlage gekappt und den tonangebenden Mitgliedern würden die Handys und privaten Festnetzanschlüsse weggenommen; die gesamte interne Kommunikation sowie jene mit Rundfunk und Journaille wäre dadurch zum Erliegen gekommen – da würde niemand sagen, dass es ohne Einfluss ist. Ganz im Gegenteil, so ein Vorgang würde sehr schnell die Frage aufwerfen, ob ein solches Vorgehen in irgendeiner Weise verhältnismäßig ist, ob es vielleicht sogar nur zu dem Zweck beschritten wurde, auf ein Wahlergebnis Einfluss zu nehmen.
Drittens: »Das bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft verpflichtet ist, tätig zu werden« – Das ist unbestritten. Aber ob diese Tätigkeit in der Beschlagnahme ganzer Server und der vorrübergehenden Lahmlegung einer Kommunikationsinfrastruktur besteht, oder ob Logdateien und Datenbanken gesichert werden und gegebenenfalls jene Teile der serverseitigen Anwendungen abgeschaltet (oder überwacht) werden, die gerade kriminell missbraucht werden, das ist die Frage nach der Verhältnismäßigkeit. Da hilft auch »Gefahr im Verzug« nichts. »Unsinn zusammen konstruieren, dessen Basis nichts als heisse Luft ist»… schauen wir mal.
Nur mal ein kleines Beispiel: Der ziemlich offene und vorsätzlich anonyme Kommentarbereich in diesem Blahblog und mein hoffentlich erkennbarer Unwille, darauf irgendeinen Einfluss zu nehmen, öffnet durchaus das Tor für ähnlichen »Gebrauch«. Sollte ich jemals feststellen, dass diese Möglichkeit für Absprachen zu kriminellen Tätigkeiten benutzt wird, denn wäre die Entfernung des gesamten Servers aus dem Internet nicht gerade eine angemessene Form des Umgangs damit. Auf diesem Server laufen noch ein paar ganz andere Sachen. Die angemessene Form des Umgangs wäre es, solche Kommunikation für eventuelle Ermittlungen zu sichern, aus dem öffentlich sichtbaren Bereich zu entfernen und gegebenenfalls die Kommentarfunktion für eine angemessene Zeit stillzulegen. (Ich hatte hier zum Beispiel mal ein paar Zeitgenossen, die zum »schottern« aufgerufen haben, was ein strafbarer Eingriff in den Schienenverkehr ist. Zum Glück reichte in diesem Fall einfaches Löschen, aber für alle Fälle hatte ich natürlich eine Sicherung der gelöschten Kommentare vorgehalten.) Alles, was darüber hinaus geht, ist einfach nur übertrieben und unnötig. Eine Staatsanwaltschaft, die ohne den kleinsten Gedanken der Verhältnismäßigkeit mehr durchsetzt, handelt in ihrer Grobschlächtigkeit willkürlich. Wenn solche Willkür zur Regel wird, könnte es fortan bei Websites mit anonym nutzbaren, interaktiven Elementen – deren Betrieb übrigens zurzeit noch völlig legal ist – ausreichen, diese Elemente einfach in bestimmter Weise zu benutzen, um ganze Server aus dem Internet zu entfernen.
Viertens: »grösste ausserparalmentarische Opposition zu bezeichnen« – oh merde, jetzt habe ich den Seitenhieb mit der infantil wirkenden psychischen Struktur eines leider ziemlich tonangebenden Teils dieser Partei schon gebracht.
Na, steht er eben doppelt. Kann man meiner bescheidenen Meinung nach auch nicht oft genug sagen, damit es auch etwas häufiger gesehen werde.
Fünftens: »21 GG fordert für eine Parteienzulassung ein Programm« – In der Tat, aber es wird kein allumfassendes Programm gefordert, das eine Stellung zu jedem gesellschaftlichen Thema einnimmt. Eine monothematische Partei ist nach GG möglich, steht allerdings vor der kleinen Hürde von fünf Prozent, die für einen Einzug in die meisten Parlamente zu erreichen sind. Ob die Piratenpartei das jemals schaffen wird? Deshalb haben wir in der BRD auch »Volksparteien« mit sehr umfangreicher und oft etwas schwer verständlicher Programmatik.
So, das war flugs rausgetrolltes Trollfutter für eine ganze Woche, ich ducke mich jetzt mal weg.
SD am 21.5.2011 um 19:31
Größte außerparlamentarische Partei siehe hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_pol itischen_Parteien_in_Deutschland#Aktuelle_ Parteien_in_der_Bundesrepublik_Deutschland
Parteiprogramm siehe hier:
http://wiki.piratenpartei.de/Parteiprogram m
Anonymous am 21.5.2011 um 19:49
wow, nachtwächter. das klingt doch schon sehr viel differenzierter und damit bin ich dann auch zu grossen teilen einverstanden. die jacke mit dem rechtslaien hättest du dir übrigens gar nicht anziehen müssen, du warst doch grossteils nur der bote.
» Polizeiliches Vorgehen gegen die Piratenpartei wie in einer Bananenrepublik Nachtwächter-Blah am 21.5.2011 um 21:38
[…] diese Darstellung zu den beschlagnahmten Servern der Piratenpartei stimmen sollte – sie ist von jemanden aus der Piratenpartei und damit vielleicht nicht gerade […]
Anonymous am 22.5.2011 um 21:22
Und nun der Reality-Check:
Landeswahlleiter Bürgerschaftswahl Land Bremen 2011
Stand 20:55 Uhr
Vorläufiges Zwischenergebnis nach 74 von 507 Wahlbezirken
7.-stärkste Kraft: DiePirates 1,5%
Christian am 23.5.2011 um 01:18
Ich finde nicht, dass die Piraten die »größte außerparlamentarische Opposition« sind. Diese Aufgabe hat in den meisten Bundesländern doch inzwischen die FDP übernommen.
Anonymous am 23.5.2011 um 06:51
Landeswahlleiter:
00:24 Uhr: Hochrechnung auf Basis von 96 % der ausgezählten Stimmzettel in Bremerhaven
und 83 % in den 70 repräsentativen Wahlbezirken in Bremen
1,91%
25170 Bremer Bürger haben darauf verzichtet, eine Partei zu wählen, die mitregieren und mitgestalten kann. Mahlzeit.
Anonymous am 23.5.2011 um 20:56
die blahraten haben nun selber bemerkt, dass es keine gründe gibt, sich zu beschweren.
*gäääääähn*
Anonymous am 28.5.2011 um 13:59
so nu also das fazit, wie es ja schon vorher absehbar war:
viel lärm um nix!
die piratenkinder stellen da nicht mal selber etwas in frage.
Nachtwächter am 30.5.2011 um 20:35
Und hier noch die »Überraschung« des Tages: Die Beschlagnahme der Server war technisch offenbar sinnlos. Na, sowas aber auch. Die haben doch wirklich keine Logdateien weggeschrieben und das mit dem Datenschutz so ernst gemeint, wie sie sagen…